Bilder & Eintrag: Axel Fichtmüller
Der Herr der Halbsätze
Magdeburg (Kulturzentrum Moritzhof, Scheune), 26.03.2013
Liebes Songtagebuch,
warum kommt es erstens immer anders und zweitens als man denkt? Da wollte ich nur gemütlich mit der Straßenbahn zum Moritzhof fahren und darf feststellen, dass das Fehlen von Eis, Schnee, Graupelschauern und bissigen Nordwinden kein Argument für einen funktionierenden Fahrplan sind. So komme ich erst zehn Minuten nach Beginn der Lesung von Piet Klocke in der wohlgefüllten Scheune des Moritzhofs an. Schlecht gelaunt und mit klammen Klamotten.
Beides ist nach wenigen Minuten glücklicherweise kein Thema mehr. In der Scheune ist es warm und schon beim Anblick des Kabarett-Urgesteins rumort es im Zwerchfell. Zugegeben, Klockes Humor ist nicht wirklich my cup of tea. Der etwas aggressivere Tenor von Kollegen à la Volker Pispers oder Hagen Rether liegen mir eher.
Trotzdem ist es allein eine Freude, dieser roten Zora zuzuschauen. Seine hibbelige, sich in immer neuen Halbsätzen verlierende und schrullige Darbietung ist eben einzigartig. Die Augen hinter den runden Brillengläsern fliegen zwischen Publikum und Buch hin und her. Manchmal hält er bei den besonders herzhaften Lachern genussvoll inne, richtet sein Nasenfahrrad und setzt zum nächsten Streich an. Von Design-Kuriositäten bei Hummeln, über das geteilte Zell-Deutschland und Tanz-Workshops am Bahngleis pickt sich Klocke die Rosinen aus seinem Buch und verteilt sie unter den Tränen lachenden Magdeburgern. Besser noch finde ich aber seine kurzen Ausflüge abseits von „Kann ich hier mal eine Sache zu Ende?!“. Selbiges verkauft sich in der Pause auch ganz gut und Autogramme verteilt der Maestro ebenfalls gerne, während er viel des Lobes ernten kann und kleinen Geschichten lauscht.
Alles in allem beschert der Meister der Halbsätze den anwesenden Literatur- und Kabarettliebhabern einen humorvollen Abend mit vielen kleinen Lebensweisheiten für unsere hektische Welt, in der kein Wort verschenkt werden sollte. In diesem Sinne: Lieber mal gut lachen, man kommt ja sonst zu nix.